Young-Bae Kim

 

Magazin Kultur Korea

 

DIE ILLUSIONSMALEREI DES KIM YOUNG-BAE

von Dr. Martin Schmidt-Magin, 01.11.2017

 

Es sind Momentaufnahmen, die das OEuvre des 1960 in Korea geborenen Kim Young-bae ausmachen. Flüchtig und fließend sind diese Motive, scheinbar nicht aufzuhalten, wie der gehauchte Kuss der Freundin, den man, kaum spürend schon wieder vermisst, da der kurze Moment des körperlichen Kontaktes der so zärtlich, so traumhaft war, doch kaum gefühlt, schon wieder vergangen ist. Kim jedoch hält diese transitorischen Momente in seinen Ölgemälden fest und präsentiert sie uns, zum Wieder-und-wieder-Anschauen, Hinein-spüren und Weiter-er-leben.

 

Geboren in Mungyeong (nördliche Provinz Gyeongsang) und ausgebildet an der privaten Yeongnam Universität (Gyeongsan) in westlicher Malerei, fand er bereits kurz nach dem Mauerfall den Weg nach Deutschland. Er folgte dabei nicht den Spuren seines Vaters oder seiner Mutter, war also nicht der Sohn eines Bergmannes oder einer Krankenschwester, die sich im Ruhrgebiet fern der Heimat eine neue Existenz aufbauten. Nein, er folgte aus freien Stücken seinem inneren Ruf, dieses für ihn damals ferne Land Deutschland aufzusuchen. Er kam, um zu bleiben. Und bereut diesen Schritt zu keiner Minute. Gerade konnte er sich ein großflächiges Atelier im Saarland einrichten.

 

Dort entstehen seine teils großformatigen Leinwandbilder. „Wie ein Verrückter“, so beschreibt er seine eigene Sucht, Bilder zu malen. Da gibt es kein Entspannen; mehrere Motive malt Kim Young-bae in der Regel gleichzeitig. Er arbeitet so lange an einem Motiv, bis er entweder die Lust an diesem Motiv verloren hat, oder aber er die Übersicht verliert. Dann benötigt er Abstand. Da er jedoch nicht aufhören kann zu malen, arbeitet er an dem nebenstehenden Bild weiter, oftmals die gesamte Nacht hindurch.

 

Zur zurückliegenden Ausstellungseröffnung in der Königsteiner Galerie Uhn im September 2017 brachte er der Galeristin Jimin Leyrer drei „frische“ Gemälde; Ölgemälde also, deren Farbe noch nicht getrocknet war – was den Autor an das Ausstellungsgebaren der Moritz-Boys in Berlin der 1990er Jahre erinnerte. Folglich war der Showroom der Galerie zur Vernissage mit dem süßlichen Geruch frischer Ölfarbe angereichert und die Hände und Kleidung der helfenden Mitarbeiter mit Farbe beschmiert. Dieser Umstand veranlasste den Künstler dazu, erneute Retuschen mit Pinsel und Ölfarbe an seinen neuesten Werken vorzunehmen.

 

Die Darstellung seiner Motive ist naturalistisch, damit orientiert sich Kim Young-bae an der alten Tradition der westlichen Malerei und lässt scheinbar seine koreanisch-asiatischen Wurzeln hinter sich. Doch bei genauerer Betrachtung erkennt der geneigte Betrachter den hohen Grad an abstrakter Auflösung der dargestellten Gegenstände. Was zunächst als scheinbar feste Fläche oder Mauer erscheint, löst sich bei näherem Betrachten auf in eine Farbfläche, die an die Qualität des Abstrakten Expressionismus oder der Color-Field-Malerei eines Mark Rothko erinnert, andererseits aber auch die Tristesse eines Edward Hopper Gemäldes transportiert. Ein Trompe-l´oeil (frz. „täusche das Auge“ / illusionistische Malerei, Anm. d. Red.) -Moment entsteht, da die eigene Vorstellung eines scheinbar wiedererkannten Gegenstandes plötzlich in der Abbildung durch den Künstler zu einem eigenständigen Objekt ohne Realitätsbezug wird und so im Bildganzen seine eigene, autarke Realität kreiert. So führt uns der Maler in immer neue Bildräume und Landschaften, so wie der Dichter Pyong Ch´on-sang schreibt: „Ich möchte Flügel/Ich möchte Flügel/Sie werden mich tragen überall dahin, wohin ich möchte.“

 

Kim Young-baes Bilder sind gemalte Lyrik, voller Liebe, voller Sehnsucht. Es sind Bilder, die im Augenblick anhaften und doch der Vergänglichkeit anheimgegeben sind. Der Blick in einen Raum und durch den Raum hindurch in einen zweiten Raum; Interieurs, arrangiert wie in einem Museum; ein Blick in eine weite Landschaft; ein Mensch stehend, alleine vor einer weiten Landschaft; eine Pflanze, formatfüllend dahinter, wieder ein Mensch; eine Wasseroberfläche, Sonnenlicht spiegelt und bricht sich in den Wellen. Leere bestimmt seine Bilder und doch - mit den Worten des koreanischen Dichters Kim Chong-mun gesagt: „Mein Stuhl ist die Achse der Welt, ist mein ewiger Fels./Auf der Welt gibt es allzuviel leere Dinge/doch mein Stuhl ist/auch unbesetzt/nicht leer.“

 

Der Kontakt der westlichen Malerei mit der östlichen fand nach westlichem Ermessen sehr spät statt: Anfang des 20. Jahrhunderts, in der Zeit der Besatzung Koreas durch das japanische Militär. Zuvor hatte sich das kleine Land, die Halbinsel, die zwischen den beiden Großmächten China und Japan gelegen ist, beständig gegen Fremdinfiltration gewehrt.

 

Über Jahrhunderte waren Kalligrafie und Malerei in Tusche die bestimmenden Genres der asiatischen Künste; Großartiges wurde hier geleistet, geleitet von dem Anspruch der koreanischen Künstler, auf dem Werk ihrer Meister und Lehrer aufzubauen und deren Ansatz zu erkennen, zu durchdringen und mit ihrem eigenen, neuen Stil zu erweitern.

 

Erst in den späten 1940er Jahren entstand ein direkter, wenn auch zögerlicher Austausch zwischen Korea und dem Westen. Nach dem II. Weltkrieg, dem sog. Bruderkrieg (Koreakrieg, 1950-53, Anm. d. Red.) und in den dann folgenden 1960er Jahren flossen schließlich Informationen und Stilrichtungen zwischen diesen beiden Welten hin und her, bis sich seit Anfang der 1970er Jahre eine eigene koreanische Kunstrichtung auszubilden begann, die seither auf dem westlichen Kunstmarkt nicht mehr wegzudenken ist.

 

Mit den Malern Kim Jin-suk und Kim Tschang-yeul, deren Werke unter anderem im Museum of Modern and Contemporary Art in Seoul zu finden sind, entstand eine neue Sichtweise und Seh-Interpretation auf die koreanische Malerei der späten 1970er Jahre. Der amerikanische Hyperrealismus schwappte nach Korea herüber und wurde auf feinsinnige Weise aufgenommen und uminterpretiert. Der Schlagschatten fand in den „Wassertropfen“ des Kim Tschang-yeul erstmals Eintritt in die koreanische Malerei. Neben dem vorherrschenden Hang zur flächig-abstrakten Malerei, war der Schattenwurf zuvor lediglich als verstärkte Kontur und notwendige Verdunkelung der Binnenstruktur zur Andeutung von Räumlichkeit verwendet worden - sowohl bei der Landschafts- wie auch bei der Gegenstandsmalerei. So emanzipierte sich der Schatten nun zu einer eigenen Größe.

 

Kim hält seine Wurzeln und die Perspektive der traditionellen koreanischen Tuschemalerei fest im Blick, wenn er uns heute Blickwinkel und Ausschnitte aus unserem alltäglichen Leben zeigt, die wir vermutlich nicht wahrnehmen oder einfach übersehen. So verbindet er in seinen aktuellen Gemälden Östliches mit Westlichem, fußt auf den Werken der Meister seines Herkunftslandes und bereichert unsere Sichtweise mit seiner Interpretation. Licht und Schatten, transitorisch-flüchtige Momentaufnahmen und die Leere, das ist das große Universum des Kim Young-bae. Mit seinen Gemälden ermöglicht uns der Maler, wieder einmal innezuhalten und unser Hetzen im Alltag zu verlangsamen. Kim lädt uns ein, den Blick in der Außenwelt herumschweifen zu lassen und ungewöhnliche Perspektiven und Welt-Ausschnitte genauer anzuschauen. Denn: ein leerer Raum ist nicht leer; genauso wie Kim Chong-muns Stuhl es nicht ist.

 

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Köln Nachrichten

Ausstellung mit Licht, Farbe und Schatten im Stapelhaus

 

11.03.2012 19:00 von:(ehu)

 

Schlagwörter: Ausstellungskritik,Stapelhaus,Young-Bae Kim,Tchun Mo Nam,Wasserspiegelung

 

Young-Bae Kim überzeugt in der BBK-Ausstellung mit gemalten Wasserspiegelungen. Repro: ehu

„Licht und Farbe“ ist der Titel der aktuellen Ausstellung im Stapelhaus. Der BBK zeigt Arbeiten von Young-Bae Kim und Tchun Mo Nam – zwei koreanische Künstler, die schon lange in Deutschland leben und arbeiten, letzterer in Köln.

Tchun Mo Nam präsentiert sich als ein verspäteter, fröhlicher Jünger der Op-Art. Er zeigt vor allem  labyrinth-artige Reliefs, die sich aus einer Vielzahl viereckiger, zum Betrachter hin offenen unregelmäßigen Kästchen zusammensetzen. Das erinnert an Eierkartons, allerdings mit eckigen Vertiefungen. Die unregelmäßigen Schatten, die das schräg einfallende Licht wirft, erzeugen eine lebendige, sich im Laufe der Zeit wechselnde „Landschaften“. Leider sind die Arbeiten hinter Plexiglas geschützt, in dem sich die Umgebung spiegelt und so von den Schattenspielen ablenkt.

Der Maler Young-Bae Kim beeindruckt vor allem mit seinen großformatigen Wasserspiegelungen – Bildausschnitte, die sich allein auf das Spiel von Wellen und Licht  konzentrieren. Erst aus der Entfernung fügen sich die groben und breiten Pinselstrich zu atmosphärisch dichten, der Abstraktion annähernden Bildern zusammen. Diese Ausdruckskraft verliert sich durch die peniblere Malweise etwas, wenn er Licht und Schatten von Pflanzen auf Mauern malt. Auch das strahlt Atmosphäre aus, die allerdings die romantische Verklärung mit Hang zum Kitsch streift.

„Licht und Farbe – Young-Bae Kim und Tchun Mo Nam“ – bis 23.3., BBK Köln, Stapelhaus, Frankenwerft 35, 50667 Köln-Altstadt, Mo-Fr 10-13 und 14-17 Uhr, Di bis 19 Uhr, Eintritt frei, Tel. 0221 / 258 21 13. Weitere Informationen finden sie auch im Internet unter:www.bbk-koeln.de.

 

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Chicago Tribune

 

Youngbae Kim is a contemporary Korean painter who lives in Germany and takes inspiration from such masters of stillness and contemplation as Johannes Vermeer and Vilhelm Hammershoi. His representational paintings at the Andrew Bae Gallery indicate he has learned well from his august models.

Some of the oil paintings include a figure, seen from behind studying a landscape, engaged in unspecified activity under a portico or looking out toward viewers. The images are no less ably executed than the others on view, yet their spell is less concentrated. The artist's quiet power is seen to full advantage, first, in room interiors constructed around a narrow tonal range and entirely without figures, then in landscapes mostly of shadows.

"Windows," from 2006, is the standout, being a picture only of rectangles of soft light interrupted by the cord of a window shade. The interplay of tans, browns and pinks is in itself lovely in a fragile way that does not require viewers to project emotion. Kim's 2007 "Piano" and "Interior" approach this, but the more representational elements he includes, the more his pregnant atmosphere dissipates.

The most successful landscapes are those that take shape through indirection, that is, not through trees or water transcribed but the coming together of their shadows and reflections to make an art of rustles and whispers.

 

Alan Artner, Tribune art critic Published March 30, 2007

 

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ArtScope

 

Youngbae Kim: Upon Reflection March 16 - April 14, 2007 Andrew Bae Gallery 300 W. Superior St. Chicago, IL 60610 Light defines, as much as it illuminates; the shadows it casts and the spaces it fills imply as much as do the items it reveals directly to sight. Upon Reflection, Youngbae Kim's second solo show in the United States, features recent oil paintings by the contemporary Korean artist. In these images of reflected light both interior and exterior, Kim expresses a restraint, elegant but unforced, whose understatedness allow the impression of empty space to blossom as a full form.

Devoid of movement, these are undisturbed spaces whose attention to gently shimmering light and spartan, undisturbed interiors combine elements of both Western and Eastern art. From the West, the attentiveness to light's fall, its pearlescence, its reflection upon, within, and through the items it touches. The gallery notes the influence of Vermeer, but many of the Dutch masters evoke this quiet, masterful touch of light as illuminating its own qualities by the items on which it falls. From the East comes the use of negative space, a characteristic of Asian art most easily understood in ink painting, where a single, supple stroke of black can activate the entire blank page around it.

Kim's work brings both alive in these subdued scenes. His interiors focus on an empty room as bathed with light. Where there are objects, their placement is within such quantity of space as to positively emphasize and even sculpt these voids by their presence. The table and four chairs in Interior (48 x 60 in.: oil on linen: 2006) do this, standing as quiet elements within the large, gently illuminated area around them. At the same time the spaces within these works extend into a world larger than the bounds of what is visible within the painting, a larger wholeness often suggested by a window or doorway. These incorporate glass which passes light freely, and imply or actually show vistas beyond the chamber of the initial vantage point. Light shimmers across the floor or radiates through window glass and blinds, and fills the rooms to brimming. Warmly colored, in the earth-tones range, it makes the spaces amiable and inviting.

We only know about this light by its qualities and the shape of its edges, or conversely, its indistinctness; and at times the light itself is the only clue. In the exquisitely understated Summer Shadow (32 x 48 in.: oil on linen: 2006) there is only space: a wall, the ground, their right angle meeting picked out and emphasized by light and the direct and indirect shadows. All is implied by the intersection of color areas tracing out the angle of the wall, and the shadows implying the presence of overarching trees. It reveals just how many cues are given by the quality of a shadow on a surface, how much it implies of the presence, position, size and quality of the object standing opaque between the light, and the surface. And yet, Summer Shadow seems luminously real and detailed; there is no feeling that anything has been glossed or abbreviated.

A third theme of reflective light in these paintings involves the mirror images cast back by water. Well-handled, these stand second to the interior and exterior paintings if only because the reflective qualities of water's shimmering surface both flattens the image into a definite plane, and makes the implied image more explicit. The paintings worth a special trip here are the interior and exterior works which speak so revealingly of light and its elements.

Subdued in color, there is a suggestive inwardness to these paintings in which space is superbly sculpted by the fall of light upon surfaces or the shadows it creates. This is a skilled amalgamation of aesthetics of East and West. Eighteen paintings in oil are featured.

 

--Katherine R. Lieber

Katherine R. Lieber has edited ArtScope.net's Visual Arts reviews since 1998. Ms. Lieber is Editor and Associate Producer for ArtScope.net